Thursday, January 6, 2011

Eintrag für den 15.Dezember 2007

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Skifahren - die beste Sportart der Welt

Alles Geschmacksache, völ­lig klar. Für die einen ist Tauchen die schönste Sportart, andere erleben beim Eislauf oder Drachenflug den Tanz der Glückshormone. Dennoch:
Nur Skifahren ist das Nonplusultra. Warum, dafür nennt Stefan Proetel heute zehn (subjektive) Gründe. Auch wenn ich nur noch Langlauf betreibe und daher nicht in allen Punkten mitreden kann, es ist etwas daran. 1. Ausblicke
Es geht höher, viel höher. Mit 1760 Metern ist Tim's Table in der Tat ein kleiner Skiberg. Aber manch­mal kommt es auf die Größe doch nicht an. Wer den Ausblick von hier oben (Bild) je in sich aufsaugen durfte, hat ihn ein Leben lang abgespeichert: Tief unten im Tal schiebt sich Lake Wanaka durch das Panorama. Ein tiefblaues Gewässer, eingerahmt von dunkelbraunen Hügeln, deren Ausläufer wie die Pranken eines aus­gewachsenen Bären in das Wasser ragen. Zentral thront eine Insel, am Horizont baut sich die nächste hö­here Bergkette auf - die Gipfel tragen weiß. Vokabeln wie atemberaubend und spektakulär wurden vermutlich nur für diesen Ausblick erfunden. Schade nur, dass das Skigebiet Tre­ble Cone über 20000 Kilometer ent­fernt liegt: auf der Südinsel Neusee­lands.

2. Geräusche
Skifahren ist aber nicht nur visuell ganz großes Kino. Skifahren lebt auch von seinen typischen Geräu­schen: das Knarzen der Skistiefel, das Klacken der Bindung, das Surren des Schleppers, das sanfte Gleiten durch fluffigen Neuschnee, das krachende "Grüezi" am Lifthäuschen - eine Wohltat für die Lauscher.

3. Safari
Am späten Nachmittag auf einer rus­tikalen Terrasse in Villaroger. Speck, Käse, ein Gläschen Apremont: ein würdevoller Ausklang eines sensa­tionellen Tages. Er begann mit einer Freeride-Abfahrt im frischesten Firn des Nationalparks. Vanoise - vom Skigebiet Tignes nach Champagny. Dort mit den Bergbahnen hoch zur Bellecôte (3400 Meter), runter ins Tal, ein Stückchen weiter mit dem Linienbus, dann hoch zur Aiguille Rouge (3200 Meter) im Skigebiet von Les Arcs, wo die Schlussabfahrt über 2000 Höhenmeter nach Villaroger begann. Santé!

4. Skikauf
Neue Ski auszuwählen, ist genauso spannend wie ein Autokauf. Man wälzt Prospekte, surft im Internet, informiert sich im Sportgeschäft. Ir­gendwann stehen sie dann zu Hau­se, nicht im Keller - nein, wir stellen die Neuen so lange im Flur oder Schlafzimmer ab, bis wir sie zum ersten Mal durch den Schnee gezirkelt haben. Weil wir sie dann mehrmals täglich sehen und uns auf den nächsten Urlaub freuen. Und weil wir sie hin und wieder berühren können, an der Schaufel zum Beispiel oder an den Kanten. Die Erotik eines neuen Paar Ski sollte man keineswegs unterschätzen.

5. Mahlzeit
Strudel oder Schmarrn? Tiroler Gröstl oder doch lieber Älpler Maccaroni? Almdudler oder Rivella? Schwierige Fragen, die man da beantworten soll, wenn man in einer urigen Hütte ein gemütliches Plätzchen neben dem Kamin gefunden hat.
Wenn es nach brennenden Holzscheiten riecht und nach dem Leckersten der alpenländischen Kü­che duftet. Das Gute: Skifahren macht dermaßen Hunger, dass man nach dem Rösti getrost noch einen Germknödel verdrücken kann.

6. Rausch
Zugegeben: Sich in einen Rausch zu fahren geht nicht immer. Denn dazu muss alles stimmen: Wetter, Schnee, Piste, das Material, die Leute. Wie an diesem Nachmittag im März. Schnee lag noch reichlich, auch im Tal. So war sie geöffnet, die Abfahrt von den Grandes Platières im Skige­biet von Flaine (Hochsavoyen) hi­nunter nach Sixt. Satte 14 Kilometer lang, verteilt auf 1730 Höhenmeter. Außer uns dreien niemand unter­wegs. Schön gecarvte große Radien auf den Kanten, sehr zügig gefahren. Nur wenn die Oberschenkel zu sehr brannten, ein kurzer Stopp. Ein un­gläubiges Kopfschütteln über so viel Skiglück auf einmal. Und unten zwei Panachés in der März-Sonne. Einer sagte: "Dafür arbeitet man." Die an­deren zwei nickten stumm.

7. Pulver
Dicke, weiße Schneewolken kün­deten schon am Nachmittag von der Schlechtwetterfront. Die Ungetüme am Himmel schli­chen sich heran und schüt­telten sie heraus: weiße Flocken. Viele von ihnen, stundenlang.
Beim Abendessen schneite es, beim Weg in die Kneipe - und beim Weg zurück ins Apart­ment immer noch. Es muss noch lange so gegangen sein in dieser Nacht. Am nächsten Morgen dann die Sensation: Sonne, blauer Him­mel, Eiseskälte, dadurch trockener Pulver wie in den Rockies. Niemals vorher und niemals nachher war Skifahren so wie an diesem einen Tag in Tignes.

8. Gemütlichkeit
Die Flammen züngeln gierig entlang des nachgelegten Holzscheits. Auf der Bank vor dem runden Monstrum von offenem Kamin haben es sich die Gäste auf einer mit Fell belegten Bank gemütlich gemacht. Einen Tel­ler mit dem leckersten Kaiser­schmarrn der Alpen (mit Holunder­kompott) in der Hand, den Kopf an den der Liebsten/ des Liebsten ange­lehnt, den Blick verträumt in die blinkende Glut gerichtet. Wen juckt's, dass es draußen noch eine Terrasse mit Schwabing- Format gibt und Bundespräsident Horst Köhler gerne hier übernachtet - in der Kris­tallhütte, der besten Skihütte der Welt, hoch oben über dem Zillertal.

9. Schussfahrten
Da auf der Piste (noch) nicht geblitzt wird, muss es manchmal einfach sein: runter in die Hocke, Stöcke un­ter die Arme - und gib ihm. Motto: "Wer schwingt, hat Angst." Apropos - die gehört beim Schussfahren na­türlich unbedingt dazu. Denn das Ganze ist ein Grenzgang. Die nächs­te Welle könnte uns fies aushebeln, dort hinten beim geplanten Sprung könnten wir doch etwas zu schnell sein. Konjunktive interessieren hier aber nicht, denn sonst kommt unser Adrenalin nur bedingt in Wallung.

10. Heimkommen
Nach Hause kommen. Ein gutes Ge­fühl, ein schöner Begriff. Schon im Alltag - aber erst recht dann: raus aus den Skistiefeln, rein in die Puschen. Kaffee kochen, Weihnachtsplätz­chen essen (schmecken nach einem Pistentag Mitte Februar besser als an Heiligabend zu Hause). Später in die Sauna, dann Abendessen, zum Nachtisch ein gutes Buch - und um halb elf in die Heia. Spätestens.


Quelle: Weinheimer Nachrichten 15. 12. 2007


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